Nicht den Massentourismus, aber interessierte Gäste sollen «Doppeltür» und der jüdischer Kulturweg nach Lengnau und Endingen locken.
Nur ganz vereinzelte Fragen, aber lobende Worte für ein «überzeugendes Projekt» gab es am Schluss einer Informationsveranstaltung des Vereins Doppeltür, der inzwischen zur Stiftung mutiert ist. Wobei: Den Verein wird es weitergeben – als «Gefäss» für die privaten Fans des Projekts -, während die Stiftung als Eigentümerin der Bauten für den Betrieb des geplanten Begegnungs- und Informationszentrums Doppeltür verantwortlich ist.
Worum geht es bei der «Doppeltür» konkret, und wie weit ist das Projekt gediehen? Die Beantwortung dieser Fragen stand im Zentrum des Info-Anlasses im Schulhaus Rietwise. Für den Betrieb des Zentrums ist ein Umbau des ehemaligen Dorfladens von Franz Müller geplant, der hier am Lengnauer Dorfplatz auch die Darlehenskasse (später Raiffeisen) führte. Das zuletzt als «Spar»-Filiale genutzte Gebäude wird äusserlich weitgehend unverändert bleiben – mit Ausnahme eines rückwärtigen, gläernen Anbaus, der per Treppe und Lift den Zugang zu den Geschossen gewährt. Den grössten baulichen Eingriff hat Architekt David Sidler (Baden) unterirdisch geplant. Das bislangnicht unterkellerte Haus bekommt ein Untergeschoss, dessen Fläche etwa drei Mal so gross ist wie der Grundriss des Gebäudes. Unter anderem wird im neuen Souterrain ein Veranstaltungsraum für bis zu 90 Personen platziert.
Konfrontation mit Protagonisten
Was wie präsentiert werden soll, skizzierte der Ausstellungsmacher und Szenograf Alain Rappaport. In groben Zügen zusammengefasst: Betritt man das Erdgeschoss, trifft man wie an jedem Veranstaltungsort auf «Ticketing» und Garderobe. Aber die Besucherinnen und Besucher werden auch umgehend mit den Themen des Hauses konfrontiert, in dem sechs Surbtaler Protagonistinnen und Protagonisten aus verschieden Epochen ihr Leben als Teil der christlich-jüdischen (Zweck-)Gemeinschaft schildern. «Eintauchen» ist für Rappaport und seine Begleitkommission ein wichtiges Wort. Die Farbe Blau leitet durch die Ausstellung mit multimedialem Angebot. Blau stehe für Wasser, Fliessen, Eintauchen, Abtauchen … Ein Datenstick in Schlüsselform hilft, den Besuch individuell zu gestalten. Der persönlichen Ausgestaltung der Erlebnisse soll auch ein fiktiver Film mit frei wählbaren Fortsetzungsgeschichten dienen.
Lukas Keller, ehemaliger Endinger Gemeindeammann und Präsident des Vereins Doppeltür, ist vom Erfolg des Projekts mit Begegnungszentrum und Kulturweg überzeugt. «So eine Fülle jüdischer Kulturgüter auf so engem Raum – das ist in Europa einzigartig.» Keller spricht denn auch von einem «lokalen Projekt mit internationaler Ausstrahlung.» Also ein neuer Magnet für den Massentourismus? Dem widerspricht Projektleiter Beat Heuberger vehement. Im ersten Betriebsjahr gehe man von 14 000 Besucherinnen und Besuchern aus – rund 50 pro Tag, von denen sich viele aus Schulklassen und deren Lehrpersonen rekrutieren. Als Öffnungstage und -zeiten sind Mittwoch bis Sonntag von 9 bis 17 Uhr angedacht. In diesen Zeitfenstern sollte auch die Synagoge zur Besichtigung offenstehen. Dies bedingt Personal: drei Stellen für die «Doppeltür» plus den Bedarf der Synagoge.
Anreise möglichst per öV
Der Endinger Ammann Ralf Werder ist Vorsitzender des Projektausschusses der Perspektive Surbtal. Er stellt fest, dass die Idee der «Doppeltür» auf ein gutes Fundament touristischer Aktivitäten im Zurzibiet aufbauen kann. Laut einer Studie der Therme Bad Zurzach bringt der Tourismus der Region bereits heute rund 80 Millionen Franken pro Jahr. Davon könne dank der «Doppeltür» künftig auch das Gewerbe des Surbtals profitieren.
Auch ohne Massentourismus: Die Gäste müssen anreisen. Man sei bemüht, den öffentlichen Verkehr zu fördern, und strebe Kombi-Angebote für Eintritt und Busbillett an. Für die Cars Gruppenreisender wird es im Industriegebiet eine Parkierungsmöglichkeit geben. Im Ortskern würden nicht mehr als sieben Parkplätze benötigt.
Wie steht es um die Finanzierung? Das Konzept «Doppeltür» kostet laut Lukas Keller 11, 7 Millionen Franken, in denen eine Million an Reserve eingeplant ist. Zusammengetragen wurden bisher 7, 7 Millionen, von denen der Kanton Aargau 4,65 Millionen aus dem Lotteriefonds beigesteuert hat. Weitere namhafte Beiträge sind zugesagt. Das Baugesuch will die Stiftung im Juni einreichen.
(Quelle Text: Rundschau Nord, Beat Kirchhofer / Quelle Bild: Printscreen des Medienartikels)